Lintzen: „Bürgermeister zum Anfassen“

SPD-Fraktionschef möchte in Heinsberg Vormachtstellung der CDU brechen und auf den Chefsessel der Verwaltung

VON RAINER HERWARTZ  (Artikel aus der Heinsberger Zeitung vom 14.03.2020)

HEINSBERG Beim Vorstand der SPD in Heinsberg sind die Würfel nun gefallen. Doch nicht Vorsitzender Dr. Hans Josef Voßenkaul soll die Sozialdemokraten im Herbst wieder in die Schlacht um den Bürgermeistersessel führen, wie zunächst zu hören war, sondern der Fraktionschef im Rat, Jochen Lintzen, steigt diesmal in den Ring. Einstimmig werde der Vorstand diese Empfehlung an die baldige Mitgliederversammlung geben.

„Auf einer Vorstandssitzung im Herbst letzten Jahres ist fast einhellig gesagt worden, ich solle ein drittes Mal antreten, was ich mir durchaus vorstellen konnte“, sagt Voßenkaul beim gemeinsamen Gespräch mit Lintzen in unserer Redaktion. „Ich habe dann lange darüber nachgedacht, ob es die beste Lösung für die SPD und die Stadt wäre.“ Schließlich würde er schon einen Monat nach der Bürgermeisterwahl 61 Jahre alt. „Für mich wäre aus meiner Sicht nur eine Legislaturperiode denkbar gewesen, in der ich zwar einiges hätte bewegen können, aber ich war der Meinung, dass eine Verjüngung erfolgen sollte. Ich habe dann überlegt, wer es statt meiner machen könnte und bin zu dem Schluss gelangt, dass Jochen der richtige Mann ist.“

Ideen am laufenden Band

Schließlich sei der Fraktionschef bei den Menschen so bekannt wie ein bunter Hund, gut vernetzt und ein Sozialdemokrat reinsten Wassers, der kein Blatt vor den Mund nehme. Zudem sei er verlässlich. „Gerade für den Bereich Stadtentwicklung und Bauen ist er prädestiniert. Und er fragt nach, wenn er sich in einer Sache nicht auskennt, so lange, bis er es verstanden hat.“ Lintzen, so lobt Voßenkaul weiter, „ist in der Fraktion ein Motor, der die Leute mitnimmt. Er produziert Ideen am laufenden Band.“

Am Aschermittwoch hatte Voßenkaul schließlich bei Lintzen angerufen, nach eigenem Bekunden zuerst über Gott und die Welt geredet, um dann, quasi kurz vor dem Auflegen, die Katze aus dem Sack zu lassen. „Ich hatte mich mit dem Thema Bürgermeister-Kandidatur nie beschäftigt“, sagt Lintzen. „Außerdem war ja für alle Beteiligten klar, dass Hans Josef es machen soll.“ Lintzen erinnert sich noch, dass er daher am Telefon zuerst laut gelacht habe. Und natürlich brauchte es einige Bedenkzeit, wie er sagt. Zunächst musste die Meinung von Familie und Arbeitgeber eingeholt werden. „Dann bin ich mit mir selbst ins Gericht gegangen.“ Mit bekanntem Ergebnis.

„Durch meine Kandidatur sehe ich noch einmal einen Impuls für unsere Partei“, hofft Lintzen. Im Hinblick auf die Wahlkampfthemen werde eine Klausurtagung erfolgen, in der ein Wahlprogramm erarbeitet werde. Ein paar Dinge fallen ihm allerdings auch jetzt schon ein, die er anpacken möchte, sollte die Mehrheit der Wähler sich für ihn entscheiden. „Wir haben zwar ein Digitalpaket für die Schulen auf den Weg gebracht, aber aus meiner Sicht müsste die Digitalisierung auch bei allen städtischen Einrichtungen und im Rathaus verbessert werden. Ein wichtiges Anliegen ist ebenfalls die zukünftige Planung des Haushaltes im Investitionsbereich nach KomHVD Paragraf 13, der besagt, dass alle Haushaltsmittel im investiven Bereich vorab in den Fachausschüssen zu beraten sind und dann in die Planung eingebracht werden.“ Bei der letzten Haushaltsrede hatte Lintzen dies schon angesprochen. „Heute ist es noch so, vereinfacht gesagt, dass zuerst beschlossen und dann beraten wird“, meint er. Ach ja, bezahlbarer Wohnraum und die Infrastruktur beschäftigen den 47-Jährigen auch noch.

„Komplett anderer Typ“

Eines stehe für ihn aber grundsätzlich fest, sagt Lintzen. „Ich möchte keinen Wahlkampf gegen eine Person führen, sondern nur für mich.“ Schließlich sei er ein „komplett anderer Typ“ als der CDU-Kandidat und Hauptwidersacher Kai Louis. „Ich wäre mit Sicherheit ein Bürgermeister zum Anfassen, der die Öffentlichkeit nicht scheut. Durch meine Aktivitäten in leitenden Funktionen, sowohl beruflich als auch ehrenamtlich, glaube ich zu wissen, was die Menschen bewegt.“ Ob auch die Menschen dies so sehen, wird sich spätestens am Wahlsonntag, dem 13. September, zeigen.