Lina Najimi: #1 von 400Tausend

“Ich bin Lina Najmi. Als arabisch gelesene Frau werde ich häufig gefragt, ob ich aus einer sogenannten arabischen Großfamilie komme.
Meine Antwort: Ich komme zwar aus einer sehr großen Familie, doch wir tragen nicht denselben Nachnamen. B
ei uns gibt es oft Streit, doch wir vergeben einander und halten in schwierigen Zeiten zusammen.
Denn: Wir teilen dieselben Träume.
Diese Familie nennt sich SPD.

Aufgewachsen bin ich aber in einer kleinen Familie. Ich wurde als Tochter einer Gewerkschafterin und eines Sozialdemokraten in Casablanca geboren. Die Sozialdemokratie ist somit ein fester Bestandteil meines Lebens. Schon immer. Dies verfestigte sich jedoch weiter, als ich mich mit 17 Jahren dazu entschloss, meine Heimat Marokko und meine Familie zu verlassen, um in Deutschland Politikwissenschaften zu studieren. Ein Stipendium machte mir dies möglich.
Die erste Zeit in Berlin war schwer für mich, ich fühlte mich alleine. Ich kannte ja niemanden. Doch schnell fand ich Halt in den Jusos, die mir halfen, wo sie nur konnten. Ich brauchte Hilfe beim Umzug: Sie waren da. Ich brauchte eine Behördenbegleitung: Sie waren da. Ich brauchte jemanden zum Reden: Sie waren da.
Ich lebe nun seit 9 Jahren in Deutschland und setze mich jeden Tag politisch gegen Rassismus und Ausgrenzung ein, die weiterhin den Alltag vieler Menschen mit Migrationsgeschichte prägen. Im Club genauso wie auf der Straße. Auf dem Spielplatz genauso wie bei der Arbeit. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Es kann schwer sein, sein Leben in einem anderen Land fortzusetzen. Manchmal sind es einfach nur diese kurzen, aber schmerzhaften Momente, in denen man sich fremd oder anders fühlt. Wenn man zum Beispiel beim Bäcker Brötchen holt und schräg angeschaut wird, weil man eben nicht akzentfrei spricht.
Vor einem Jahr bin ich in die SPD eingetreten, um mit ihr eine menschenfreundliche Migrationspolitik voranzutreiben, die auf Respekt setzt und Anerkennungsstrukturen für migrantische Communities schafft. Ich wünsche mir zum Beispiel ein Staatsangehörigkeitsrecht auf der Höhe der Zeit. Damit sich Menschen nicht mehr entscheiden müssen, wo sie hingehören. So wie ich, denn: Marokko ist meine Heimat, in der ich aufgewachsen bin. Deutschland ist aber mittlerweile mein Zuhause. Hier möchte ich mein Leben verbringen, das Land mitgestalten und irgendwann auch wählen gehen dürfen. Aber ohne einen Teil von mir – meine Kindheit – aufgeben zu müssen. Denn das bedeutet Respekt für mich.“

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